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Briefe aus Dresden 1945
Schmidt, Paul
Dresden-
Mein lieber guter Christel !
Schlimmes ist über uns hereingebrochen! Dresden, unser schönes Dresden wurde in der Nacht vom Montag zum Dienstag (d. 12. zum 13./2.) ausgelöscht. In zwei Großangriffen, der erste ½ 10 Uhr und der zweite 12 Uhr nachts. Es sind die fürchterlichsten Stunden unseres Lebens gewesen. Wir haben es uns wohl schlimm vorgestellt, es war grauenhaft. Noch jetzt kommen mir die Tränen. Es war eine Nervensäge. Dabei hat Bühlau nur eine Sprengbombe Memelstr. und Golfplatz sowie Sportplatz gehabt. Auf dem Hirsch einige Bomben, so wie das Haus neben der Bank. Vordere und hintere Balkonfenster, Eure Zimmerfenster, Küchen-
Nun kommt erschwerend hinzu, daß Dresden Frontstadt geworden ist. Bereits in Bühlau werden Sperren und dergl. gebaut. Sollte was Gott verhüten möge Bühlau geräumt werden müssen, ich meine von der Priv.-
Jedwede Post von Euch fehlt. Durch die zerstörten Postämter usw. kommt schlecht etwas ran. Das Telefon wird wohl ¼ bis ½ Jahr nicht gehen. Gas ist auch weg und Licht ist, Gott sei Dank wenigstens für Bühlau wieder da. Eure schöne Kreuzschule und –kirche ist ebenfalls weg. Du findest Dich nicht mehr zurecht. Wir sind noch nicht fertig mit unserem Kummer. Man schätzt nunmehr mindestens 100 000 Tote. Vatie meint es würde weniger sein. Sei es wie es sei, es ist schlimm. Tag und Nacht geht es jetzt in den Luftschutz-
Schmidt, Gertrud.
Dresden-
Mein lieber Christel!
Heute komme ich zur Vollendung meines Briefes und wäre ich eher dazu gekommen, wahrscheinlich hättest Du ihn auch nicht eher erhalten. Die ganzen Postämter sind ja zerschlagen. Es muß erst alles wieder notdürftig aufgerichtet werden. Wir sind immer noch recht erschöpft; nun kommt noch hinzu, daß wir am Ende noch von unserer lieben Wohnung gehen müssen, wenn die Russen weiter hereinkommen. Vatie und ich hatten eine Fleischvergiftung. Bei mir machte es sich rasch wieder, nur bei Vatie kam eine Erschlaffung …. recht Sorgen, er hatte einige Ohnmachten. Er hatte aber auch zuviel um die Ohren! Bank und den großen Flüchtlingsstrom aus Dresden. Jedenfalls lieber Christel, sorge Dich nicht um un. Ich werde erst im letzten Moment das Haus verlassen und werde mich wenn irgend möglich nach Gotha resp. Ohrdruf durchschlagen. Andresse von Onkel Arthur: Herr Bez.Dir. Arthur Schmidt, Gotha/Thüringen, Bergallee 3 und Herr Oberlehrer Albert Wettig, Ohrdruf/Thüringen Bahnhofstr. Hebe Dir gerade diesen Brief wegen der Adressen gut auf. Und dann solltet Ihr irgendwie nach Schweden verschlagen werden, dort lebt Vater und Mutter von Gerda Mann also Familie Hamans. Nähere Adresse fehlt.
Nun muß ich doch diesen Brief beenden, aber ob Du lieber Christel ihn erhältst, ist sehr fraglich, denn über Berlin geht eigentlich keine Post. Nun wir werden ja sehen. Ach es ist schlimm, von Euch beiden fehlt jegliche Post und Deine schöne Lachsheringsendung und Dein Koffer, wo sind sie? Doch Vatie sagt ganz richtig, Hauptsache die Jungens leben! Von Norwegen hört man nichts im Rundfunk und das von von Männe so gar keine Adresse haben ist schrecklich. Hoffentlich hast Du Post von Heinz. Bleib uns gesund und alles weitere wird sich finden. Nimm heute mit den noch etwas verworrenen Briefen vorlieb. Wir finden uns nun schon wieder zurecht, nur über etwas komme ich nicht hinweg, über den gemeinen Mord an wehrlosen Frauen und Kindern. Es hat wahrscheinlich doch in der fraglichen einen Nacht weit über Hunderttausend Tote gegeben. Die Keller in den engen Strassen Dresdens wie Webergasse, Liliengasse usw. konnten wegen des hohen Schuttanfalles nicht geöffnet werden. Der Wehrmachtsbericht schaut heute besser aus für unser sächsisches Gebiet. Jedenfalls unser Bühlau und Ullersdorf. Brockmannsdorf (?) Rossendorf usw. sind feldstellungmäßig ausgebaut worden. Wollen wir hoffen, daß es nur eine Vorbeugungsmaßnahme bleibt.
Behüt Dich Gott und bleib gesund!
Deine Dich innigliebenden Eltern
Vatie geht wieder in den Dienst